Kristian Sotriffers Dokumentation erschien als Lizenzausgabe der Edition Tusch (Wien). Im redaktionellen Text auf dem Umschlag wird das Buch als „wichtiger Beitrag zur Frage nach der Identität Südtirols“ gewürdigt. Zu Grunde liegt Sotriffers Ansicht, dass sich die Welt innerhalb von fünfzig Jahren stärker verändert hat als in den dreitausend Jahren zuvor: „Denn was Menschen entwickelt und geschaffen haben, was sie an Häusern, Unterkünften, Kirchen, Gärten, Wegen und Straßen errichten, an bebautem Land kultivieren konnten, war ja von Werkzeugen bestimmt, die sie sich selbst herstellten. Erst als gesprengt, gebaggert wird, Krane dinosaurierartig ihre Hälse um Betonmauern schwenkten, hat eine andere Kategorie von Veränderung eingesetzt. […] Wo so viele Einzelheiten aufeinander bezogen waren und sind, wo so viele einen Raum formende Teile miteinander korrespondieren wie in der alten Südtiroler Kulturlandschaft, wird dieser Einbruch […] doppelt stark spürbar.“ (S. 149) Das Buch, so Sotriffer, schlägt eine Grundmelodie an, die aus der Mischung zweier Tonarten entsteht: Die eine Tonart wird von den Bildern bestimmt, die das Zerstörerisch-Hässliche ausspart und die Reste des intakten Bildes der Südtiroler Kulturlandschaft fotographisch präsentiert, die andere Tonart stellt kritisch-analytisch in Begleittexten die Fehlentwicklungen dar.
Das Buch reiht sich unter den Landschaftsmonographien über Istrien, Slowenien und das Friaul ein, mit denen sich der aus Südtirol stammende und seit 1957 in Wien lebende Autor, Kunstkritiker und Publizist Kristian Sotriffer (1932-2002) bereits einen Namen gemacht hat und in denen „er nicht nur eine differenzierte Sicht auf ländliche Lebensräume jenseits aller Heimatsehnsucht [entwickelt], sondern vielmehr einen aus der Perspektive der Ökologiebewegung der siebziger Jahre geformten Begriff von „Kulturlandschaft“ (Christine Riccabona: Kristian Sotriffer. In: Lexikon Literatur in Tirol).