Der Kunsthistoriker und Volkskundler Siegfried de Rachewiltz, Arunda-Mitarbeiter und u. a. Herausgeber der Nummern Brot im südlichen Tirol und Kastanien im südlichen Tirol, hat vor 40 Jahren auf der Brunnenburg, nahe Schloss Tirol oberhalb von Meran, ein landwirtschaftliches Museum eingerichtet. Es dokumentiert und erläutert die Arbeitspraktiken der (einstigen) Südtiroler Bergbauern, beschäftigt sich mit ihren kulturellen Praktiken und Lebensweisen und stellt daneben auch altes Handwerk, wie das des Schusters oder Webers vor. Im Herbst 2014 wurde aus Anlass des 40jährigen Bestehens des Museums eine Sonderausstellung zum Thema Flickwerk. Flicken und Wiederverwerten im historischen Tirol gezeigt. In der Schriftenreihe des Landwirtschaftsmuseums Brunnenburg erschien – in Zusammenarbeit mit der Arunda – der ergänzende Jubiläumsband mit zahlreichen Aufsätzen aus verschiedenen Forschungsrichtungen, die sich mit dem Erfindergeist und der Geschicklichkeit der Vorfahren, aber auch mit neuen Tendenzen des „Upcyclings“ befassen.
Wolfgang M. Heckl, der Generaldirektor des Deutschen Museums, weist in seinem Vorwort darauf hin, dass das „bäuerliche Leben in Tirol seit jeher durch Not und Knappheit von Ressourcen bestimmt war.“ Von dieser Feststellung kann man die Bedeutung des Reaprierens, Wiederverwertens, kurz: des Flickens, im Alltag der bäuerlichen Tiroler Bevölkerung ableiten. Die Bandbreite der in den Aufsätzen behandelten Themen reicht von der Umnutzung militärischer Gegenstände (Wolfgang Meighörner), über „Sakrales Recycling“ (Leo Andergassen) bis zu „Recycling in der Architektur“ (Walter Angonese). Es finden sich Untersuchungen zu einzelnen „geflickten“ Gegenständen wie beispielsweise der Oberkörperberbekleidung des Mannes aus dem Eis (Günter Kaufmann) oder zu einem Handschuh aus der Ortlerfront im Ersten Weltkrieg (Sebastian Marseiler/Irene Tomedi), wie auch Analysen der Burg(en) oder der Kulturlandschaft(en) als Flickwerk.